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Freimaurer in Bremen

Durchführung: Marcus Meyer

Gemeinhin ist das Wissen über die Freimaurerlogen begrenzt. Gehört hat man schon einmal von ihnen, sicher, aber was sie genau machen, weiß man in der Regel nicht. Sind die Freimaurer nicht eine Geheimgesellschaft, sind sie nicht ein Netzwerk bedeutender Persönlichkeiten, üben sie nicht im Verborgenen Einfluss auf Politik und Wirtschaft aus? Gibt es sie überhaupt noch?

Freimaurer-MuseumDas Vorhaben zur Geschichte der Freimaurer möchte, ganz im Sinne der Aufklärung, Licht ins Dunkel bringen. Untersucht werden Entstehung, Entwicklung und Bedeutung der Bremer Freimaurerlogen zwischen der Gründung der ersten Loge 1744 und der Wiedererrichtung der Logen nach 1945. Die Untersuchung der Logen übt dabei einen doppelten Reiz aus: Zum einen beinhaltet die Freimaurerei ein nach innen gerichtetes Element. Ihr Hauptanliegen war die Veredelung des Individuums durch Bildung und Erziehung auf der Grundlage freimaurerischer Moral und Ethik. Der Einzelne sollte sich durch die Loge zu einem besseren Menschen entwickeln und durch sein Handeln auf die Außenwelt einwirken. Die Freimaurerei begriff sich in diesem Sinne als moralische Avantgarde im Besitz eines allgemein gültigen Menschheitsideals. Die nähere Betrachtung dieser zuerst nach innen gerichteten Aufgabe der Freimaurerei lässt entsprechend tiefe Einblicke in maurerisches und das darauf aufbauende bürgerliche Selbstverständnis zu. Zum anderen, hier kommt das Außen ins Spiel, unterlag dieses Selbstverständnis einem permanenten Wandel. Denn die eigentlichen Ideale der Freimaurerei, wie sie ursprünglich in den so genannten „alten Pflichten“ beschrieben waren, wurden vor dem jeweiligen historischen Hintergrund immer wieder neu gedeutet und unter Umständen sogar völlig verdrängt. So war zum Beispiel das kosmopolitische Element der Freimaurerei, symbolisiert in der „Weltbruderkette“, ein zentrales Merkmal der Frühphase der Logengeschichte, verlor aber vor dem Hintergrund der Reichsgründung erheblich an Bedeutung und mündet in einen bisweilen radikalen Nationalismus. Auf der anderen Seite gab es immer freimaurerische Strömungen, die sich auch noch nach 1918 für die Aussöhnung mit Frankreich und England einsetzten. In den Logen traf sich ein repräsentativer Querschnitt der bürgerlichen Gesellschaft und bezog, trotz eines un- bzw. überpolitischen Anspruchs, zu gesellschaftlichen und politischen Fragen Stellung.

In Bremen etablierte sich die Freimaurerei erst etwa dreißig Jahre, nachdem in Hamburg die erste deutsche Loge gegründet worden war. Aber relativ schnell versammelte sich in der ersten Bremer Loge Zum silbernen Schlüssel die stadtbürgerliche Elite: Senatoren, Verwaltungsbeamte, Kaufleute, Advokaten, Pastoren und Ärzte. Auch die zweite Loge Bremens, der heute noch existierende Ölzweig, entwickelte sich zum Treffpunkt des etablierten Stadtbürgertums.Logenhaus Während sich aber in anderen Städten das Logenwesen ausdifferenzierte und Logen verschiedener Lehrarten nebeneinander existierten, blieb der Ölzweig nach Auflösung des Silbernen Schlüssels für lange Zeit die einzige Loge Bremens. Die grundlegende Trennung in eine christlich-konservative und humanitär-liberale Richtung, die die Freimaurerei weltweit prägte, blieb hier zunächst unbedeutend. Erst nach der Reichsgründung erlebten die Logen in den Hansestädten einen Boom, der außerhalb so nicht anzutreffen ist. Allein in Bremen gründeten sich zwischen 1874 und 1921 sechs Logen und erst jetzt gab es auch hier die ersten humanitär-liberalen Logen.

Die nationalsozialistische Regierung setzte dem Logenwesen ein vorläufiges Ende. Zwar war die Mehrheit der deutschen Freimaurer deutschnational eingestellt und begrüßte die neuen Machthaber teilweise überschwänglich. Die Freimaurerei war aber war den Nationalsozialisten suspekt. Zu viel Macht wurde ihnen zugetraut, zu bürgerlich erschienen die Logen. 1935 wurden sie, die jetzt in ihrer Mehrheit als deutsch-christliche Orden auftraten und freimaurerische Symbolik fallen gelassen hatten, endgültig verboten. Die Logenhäuser und Vermögen wurden enteignet, vor allem aber: Der Sicherheitsdienst beschlagnahmte die Archive der Logen, um sie für die Feindforschung nutzbar zu machen. Dieser Bestand überdauerte das Kriegsende unversehrt, wurde nach Moskau und nach Merseburg gebracht und ist in weiten Teilen nun im Geheimen Staatsarchiv preußischer Kulturbesitz einsehbar. Auch die Akten der Bremer Logen seit der Gründung des Silbernen Schlüssels bis zur Auflösung der letzten Logen durch Senator Theodor Laue sind dort zu finden. Das Material erlaubt einen umfangreichen Einblick in das Leben der Bremer Freimaurer. Sämtliche Mitgliederlisten sind erhalten, sie verzeichnen neben den Lebensdaten auch den Beruf, sodass ein Sozialprofil der Bremer Logen über 200 Jahre erstellt werden kann. Es finden sich die Protokollbücher, in denen Logeninterna verhandelt werden, aber auch die Ereignisse der Außenwelt Erwähnung finden. Versteht man nach Hoffmann die Logen als einen Spiegel der bürgerlichen Gesellschaft, so gewinnt das Spiegelbild in diesem außerordentlich umfangreichen und qualitativ hochwertigen Bestand deutliche Konturen. So wird es am Ende dieser Untersuchung möglich sein, nicht nur der Forschung zur Geschichte der Freimaurerei ein Mosaiksteinchen hinzuzufügen, sondern auch das Wissen über das Bremer Bürgertum zu vergrößern.